Die Ausstellung, ein Präventionsinstrument

Wissenschaftliche Studien weisen auf den Aspekt der sozialen Vererbung von häuslicher Gewalt hin. So wird sie oftmals bereits in der Kindheit als mögliche Verhaltensweise im Konfliktfall erlernt. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, muss der Präventionsarbeit bei Jugendlichen Priorität eingeräumt werden. Jugendliche direkt über Hilfsangebote und Verhaltensweisen zu informieren, ist das Hauptziel der Ausstellung.

«Stärker als Gewalt» ist eine zweisprachige Wanderausstellung zum Thema Häusliche Gewalt. Sie richtet sich in erster Linie an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren, aber auch an Fachpersonen und andere Interessierte.

Bei der Ausstellung „Stärker als Gewalt“ handelt sich um ein interkantonales Projekt, das in enger Zusammenarbeit zwischen der Kantonspolizei Bern, der Berner Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt und dem Büro für Gleichstellung von Frau und Mann und für Familienfragen des Kantons Fribourg, entwickelt und umgesetzt wurde. Häusliche Gewalt ist kein Schicksal.

Die Ausstellung zeigt Auswege aus der Gewalt auf und informiert über Ansprechstellen und Unterstützungsangebote.

Der Besuch der Ausstellung

Die Ausstellung «Stärker als Gewalt» führt die Besucherinnen und Besucher ins Innere einer Wohnung und in den Alltag einer Familie, die wie alle anderen scheint.

Doch genau hinter dieser scheinbaren Banalität verbirgt sich die Gewalt, denn sie manifestiert sich im trauten Zuhause, das normalerweise Sicherheit und Schutz bietet.

In den verschiedenen Zimmern dieser Wohnung äussern sich betroffene Personen aus Sicht von Opfern, gewaltausübenden Personen, Kindern und Jugendlichen zu unterschiedlichen Formen und Facetten der Gewalt.

Erlebnisberichte und interaktive Tools regen die Jugendlichen zum Nachdenken über Gewalt im häuslichen Bereich an.

Sieben Räume, sieben Hauptaspekte der Häuslichen Gewalt

1. Am Eingang: die Konfrontation mit Häuslicher Gewalt

Gewalt im häuslichen Bereich betrifft alle Altersklassen, alle kulturellen und sozialen Hintergründe. In einigen Sozialräumen ist die Gewalt besser jedoch sichtbar als in anderen. Opfer, die in ihrem eigenen Netzwerk Hilfe finden, begeben sich beispielsweise nicht gezwungenermassen eine Notfallunterkunft, wodurch die Gewalterfahrung für die Gesellschaft weniger sichtbar wird.

Gewalt ist nicht nur körperlich, sondern kann verschiedene Formen annehmen. Oft ist es eine Kombination mehrerer Faktoren und Gewaltformen, die das Klima der Angst schüren.

2. Im Wohnzimmer: Gewalt ist gesetzlich verboten!

Es ist klar: Wer Gewalt ausübt, macht sich strafbar. Häusliche Gewalt ist aber nicht ein eigener Straftatbestand; Bestimmungen in verschiedenen Gesetzen auf Bundesund Kantonsebene kommen dabei zum Tragen.

Bis im Frühling 2004 war die Mehrzahl der Straftatbestände im Strafgesetzbuch, die bei Gewalttaten im häuslichen Bereich zur Anwendung kamen, Antragsdelikte. Das heisst, die entsprechenden Gewalttaten wurden strafrechtlich nur verfolgt, wenn das Opfer einen entsprechenden Strafantrag stellte.

Seit April 2004 werden – zusätzlich zu den Offizialdelikten – auch die einfache Körperverletzung, wiederholte Tätlichkeiten, Drohung sowie sexuelle Nötigung und Vergewaltigung in Ehe und Partnerschaft von Amtes wegen verfolgt.

Die Opfer haben Rechte wie beispielsweisedas Recht, die Wohnung zu verlassen, das Recht, Wegweisungsmassnahmen gegen den Täter einzufordern, das Recht auf Zuweisung der gemeinsamen Wohnung, das Recht, die Trennung zu verlangen, womit der Unterhalt und das Sorgerecht für die Kinder geregelt wird usw.

3. Im Badezimmer: Verletzungen dokumentieren.

Das Erleben von körperlicher und physischer Gewalt kann Traumata auslösen, die schwere Folgeschäden verursachen können. Gewalt zu erfahren untergräbt das Selbstvertrauen, zerstört das Wohlbefinden und greift die Gesundheit an. Wiederholte Gewalterfahrung schwächt das Immunsystem, sodass der Körper anfälliger für Erkrankungen werden kann. Zusätzlich zu den Verletzungen führt sie zu körperlichen und psychischen Beschwerden wie Stress, Angst, Depression, Schlaflosigkeit, Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen, chronischer Müdigkeit und posttraumatischer Belastungsstörung. Das Selbsttötungsrisiko ist bei Personen, die Gewalt erfahren, erhöht. Oft sehen sie keinen anderen Ausweg aus ihrer Lage.

Für das Strafverfahren ist es sehr wichtig, die körperlichen Spuren der Gewalttat von einer spezialisierten Ärztin oder einem spezialisierten Arzt (normalerweise Gerichtsmediziner*in) im Spital dokumentieren zu lassen und detaillierte Beweisfotos zu erstellen. Diese Beweise können bei einer Anzeige direkt verwendet oder für eine mögliche spätere Verwendung aufgehoben werden.

 

4. Im Elternschlafzimmer: Zyklischer Charakter der Häuslichen Gewalt

Es besteht eine emotionale Bindung zwischen Opfer und Tatperson, die für Aussenstehende oftmals schwierig zu verstehen ist.

Die Opfer geben der gewaltausübenden Person häufig eine zweite, dritte und vierte Chance. Sie sind emotional an die Tatperson gebunden.

Die Tatperson beteuert ihrerseits aufrichtig, dass Gewalt nicht mehr vorkommt, und glaubt zu diesem Zeitpunkt auch selbst daran.

Gewalt im häuslichen Bereich intensiviert sich im Laufe der Zeit und manifestiert sich in immer kürzeren Phasen und immer heftigeren Aggressionen.

5. Im Kinderzimmer: Als Kind Zeuge zu sein, bedeutet ein Opfer zu sein.

Gewalt ist eine Konfliktbewältigungsstrategie, die man oft in der Kindheit lernt und im Erwachsenenalter reproduziert.

Knaben, die in der Kindheit Gewalt erfahren haben, tendieren eher dazu gewalttätige Verhaltensweisen zu reproduzieren; betroffene Mädchen entscheiden sich später eher für einen gewalttätigen Partner.

Daher ist es wichtig, die Gewaltspirale zu durchbrechen und das Gewaltverhalten zu stoppen.

Gewalt im häuslichen Bereich löst keine Probleme. Man muss sich um betroffene Kinder und Jugendliche kümmern, damit sich der Gewaltkreislauf im Erwachsenenalter nicht wiederholt.

6. Im Jugendzimmer: digitale Medien, «Stopp» sagen können.

Eine Paarbeziehung ist eine Entscheidung; man muss sich anpassen und gleichzeitig seine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit bewahren.

Gewalt kann verhindert werden, Kräftemessen ist in der Liebe nicht nötig. Gleichbehandlung und gegenseitiger Respekt sind die Basis einer guten Beziehung.

Das Mobiltelefon der Partnerin oder des Partners kontrollieren, ihr oder ihm verbieten, mit bestimmten Personen zu reden, oder die Art und Weise kontrollieren, wie sich die Person kleidet; all das sind Alarmsignale dafür, dass etwas nicht stimmt.

In der virtuellen Welt können eine Beziehung oder eine Situation sehr schnell eskalieren, mit schwerwiegenden Folgen. Vorsicht ist auch beim Teilen intimer Fotos geboten.

7. In der Küche: Hilfe anfordern!

Gewalt verhält sich aufsteigend.

Baut sich die Spannung auf und steht jemand kurz vor einem Ausbruch der körperlichen Gewalt,fühlt man sich nicht mehr sicher. Zögern ist hier fehl am Platz: Polizei anrufen und Hilfe verlangen

Es liegt in der Verantwortung der gewaltausübenden Person, seine Gefühle in den Griff zu kriegen. Eigene Schwierigkeiten, Probleme und weitere erschwerenden Faktoren sind keine Gründe für Gewalt. Für einen Gewaltausbruch ist weder das soziale Umfeld noch die berufliche Situation verantwortlich.

«Bildung ist der Impfstoff gegen Gewalt.»

Edward James Olmos

«Stärker als Gewalt»  – ein unerlässliches Projekt für Schulen!

  • Die Ausstellung beabsichtigt Sensibilisierung zu einem gesellschaftlichen Phänomen, das schwerwiegende Folgen für Gesundheit und Lebensqualität hat und hohe Kosten verursacht.
  • Die Ausstellung will häuslicher Gewalt bei Jugendlichen vorbeugen und ihnen bewusst machen, welche Mechanismen hinter gewalttätigem Verhalten in einer Beziehung stecken. Die Ausstellung möchte zeigen, dass Gleichstellung und Respekt zwischen Frau und Mann unerlässliche soziokulturelle Voraussetzungen für eine gewaltfreie Beziehung sind.
  • Unter den Besucherinnen und Besuchern befinden sich möglicherweise Menschen, die Gewalt ausüben, andere wiederum gehören zu den Opfern. Der Besuch der Ausstellung wird ihnen zeigen, dass Gewalt im häuslichen Bereich alle etwas angeht. Sie erfahren, was sie tun können, um einen Ausweg zu finden oder an wen sie sich wenden können, um darüber zu reden.

 

    VERFÜGBARKEIT

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    Die genauen Mietkonditionen sowie die Nutzungsbedingungen können heruntergeladen werden.

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    Dokumentation

     

    Pädagogisches Begleitheft

    Die Jugendlichen erhalten beim Besuch Pädagogisches Begleitheft.

    Es enthält Interpretationshilfen zum besseren Verständnis der in der Ausstellung behandelten Themen. Ausserdem liefert es Fragen, Tests und Denkanstösse für Einzel- oder Gruppenarbeiten.

    Das Heft ermöglicht es, die Reflexionen im Unterricht oder einzeln nach dem Besuch fortzusetzen.

     

    Begleitheft für Führungspersonen

    Die Fachpersonen, welche die Besucherinnen und Besucher begleiten, erhalten an der Schulung ein für sie bestimmtes Begleitheft. Es führt sie durch die Ausstellung und hebt die Themen hervor, die mit den Jugendlichen zu thematisieren sind.

    Quellen:

    Zur Ausarbeitung des Ausstellungsinhalts und der Unterlagen wurden die nachfolgenden Websites und Dokumente konsultiert:

    Kontakt

    Für Kantone aus der Westschweiz: Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann und für Familienfragen (GFB), Rue de la Poste 1, 1700 Freiburg, Tél. +41 26 305 23 86  bef@fr.ch 

    Für Kantone aus der Deutschschweiz: Berner Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt, Sicherheitsdirektion (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern, Tel. +41 31 633 50 33  info.big.sid@be.ch 

    Impressum

    Das Projekt einer zweisprachigen Wanderausstellung zum Thema Häusliche Gewalt wurde initiiert und umgesetzt durch die Berner Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt, die Kantonspolizei Bern sowie das Büro für Gleichstellung von Frau und Mann und für Familienfragen (GFB) Freiburg.

    Conception et réalisation du projet: wapico, Michael Egger, a n y m a

    Photographie: wapico, Shutterstock, Etablissement de Witzwil, Reto Waser